Der Berglauf: 6,3 Kilometer lang und 960 Meter Steigung. Der Start ist in Riddes, das Ziel auf Les Crêtaux, oberhalb des Bergdorfes Isérables.
In meiner Berglauf-Statistik muss ich weit zurückblättern – ich starte hier schon zum 9. Mal! Und: Es ist einer meiner besten Bergläufe überhaupt, denn ich habe hier bereits 4x gesiegt und mit einer Laufzeit von 48:31 (2016) den Streckenrekord bei den Damen. Das ist kein Zufall; dieser Berglauf mit den vielen Höhenmetern liegt mir einfach!
Letztes Jahr konnte ich krankheitsbedingt leider nicht starten. Doch seit meinem ersten Lauf 2018, dem Passwang-Berglauf (Jura-Top-Tour) im Juni, habe ich eine ziemliche Formsteigerung gemacht und bin läuferisch wieder auf einem hohen Niveau.
Als ich heute Morgen mit dem Zug ins Wallis reisen will, bleibt er im Bahnhof Frutigen lange stehen. Ich werde langsam nervös: Was ist los?!? Heute findet eines meiner Saisonziele und wichtigsten Rennen statt und ich komme nicht einmal bis zum Start nach Riddes? – Das gibt’s doch nicht! Eine echte Horrorvorstellung – noch schlimmer als der Kuhzaun letzte Woche am Hohsaas-Berglauf! Es kommt mir vor, als hätte sich alles gegen mich verschworen! Nun die Durchsage des Zugpersonals: Ein Güterzug ist im Tunnel steckengeblieben und unser Zug muss abwarten. Somit verpasse ich den Anschlusszug in Visp! Zum Glück habe ich den früheren Zug ins Wallis genommen, denn somit reicht der Anschluss eine Stunde später auch noch (jedoch hat auch der spätere Anschlusszug Verspätung…)! Ende gut, alles gut – ich komme rechtzeitig an! Huch, Glück gehabt!
Auch wenn heute der Erwartungsdruck gross ist, vor allem von mir selber, habe ich nach dem Hinreisestress praktisch keine Zeit mehr, um nervös zu werden. Auch die britische Weltklasseläuferin Sarah Tunstall ist am Start, welche ich 2016 bei meinem Rekordlauf hinter mir gelassen habe. Aber ich weiss, dass sowas eigentlich nicht normal ist!
Wieder starte ich locker und bin auf dem ersten Kilometer, welcher nur leicht ansteigt, bei den Frauen an 8. Stelle. Noch bevor die geteerte Strasse in den sehr steilen Bergweg übergeht, bin ich an 2. Stelle. Sarah Tunstall setzt sich als erste Frau schon früh ab. Für mich ist der Serpentinenweg ein guter Abschnitt; ich überhole laufend. Nach diesen ersten happigen Höhenmetern kommt nach dem Verpflegungsposten ein Abschnitt auf asphaltierter Strasse ins Bergdorf Isérables. Es sind ein paar Kehren durch das Dorf, wo die Zuschauer uns anfeuern. Man hat wenig Zeit, um die von der vorherigen starken Steigung gespannten Waden auf dem kurzen flachen Abschnitt zu entspannen… Schon bald kommt der letzte Verpflegungsposten und somit der letzte Kilometer. Und wer jetzt schon am Limit läuft und denkt: Nur noch ein Kilometer, dann bin ich schon im Ziel, der wird es jetzt sehr schwer haben: Der letzte Kilometer ist der steilste, härteste und längste, den ich kenne! Und: Absolut mein Lieblingsabschnitt (letztes Mal habe ich auf genau diesem letzten Kilometer meinen Rückstand auf Sarah Tunstall aufgeholt und habe schliesslich mit einem Vorsprung von 48 Sekunden dann gewonnen)! Heute hat Sarah einen Vorsprung, den ich nicht mehr einholen kann (1:20) und unterbietet somit meinen bisherigen Streckenrekord (neu 47:27). Aber: Ich laufe wieder so flüssig wie 2016 und komme mit einer Zeit von 48:47 im Ziel auf Les Crêtaux an! Meine PB habe ich somit nur um 16 Sekunden verpasst. Ich bin stolze 2. hinter einer der absolut schnellsten Bergläuferinnen der Welt! Es ist mir eine Ehre 😉
Auch bin ich enorm erleichtert, dass ich meinem Druck standgehalten habe und meine Topform beweisen konnte! Es ist unglaublich, wenn man die Rangliste anschaut: Wir, die ersten zwei Frauen, sind im Frauenfeld mit grossem Abstand voraus. Dritte wird, mit einem Rückstand von 6 Minuten auf mich, Camille Besse Barras. Sie war dieses Jahr am Frauenlauf in Bern 4. auf der 10km-Strecke.







