2. Sieg am Verticale du Suchet VD – 5.10.2024

Früh am Morgen bin ich schon im Zug Richtung Yverdon-les-Bains. Als es langsam hell wird, freue ich mich über das sonnige Wetter. Der Himmel ist nur mit paar Wolkenschleiern versehen. Der Blick Richtung Juragebirge trübt jedoch meine Euphorie – dicke Wolken kleben entlang der ganzen Jurakette!

In Six-Fontaines steige ich aus und marschiere paar Minuten bis zum Startgelände des Verticale du Suchet, welches sich im Wald befindet.

Der Verticale ist eine spezielle Form von Berglauf: Der Lauf auf den Mont Suchet ist nur 4 Kilometer lang, hat aber eine Steigung von 900 Metern! Die Strecke führt also auf ziemlich direktem Weg zum Ziel, hier zum höchsten Punkt auf dem Mont Suchet auf 1’588 m ü. M. Hier ist auch kein Massenstart, wie üblicherweise bei den Bergläufen, sondern Einzelstart. Das heisst: Zwischen 10.00 und 12.00 Uhr startet alle 30 Sekunden ein/e Läufer/in. Mein Start ist um 10:57:30 🙂

Langsam mache ich mich bereit für den Start. Ich bin heute ziemlich nervös, das war ich schon länger nicht mehr vor einem Lauf. Ich weiss, dass mir der Lauf sehr gut liegt, denn ich habe ihn bei meiner letzten Teilnahme im Jahr 2022 gewonnen.

Nochmals richtig durchatmen und dann geht’s schon los. Ich starte in mittlerem Tempo. Die ersten paar Meter geht es flach und nach einer Linkskurve in einen technisch anspruchsvollen Waldweg, der schon ziemlich steil anfängt. Der Weg führt über Wurzeln und grobe Steine, was mir aber sehr gut liegt. Nach einer Weile fange ich an, die ersten Läufer zu überholen.

Die Temperatur ist für mich angenehm (also kühl) und trocken ist es auch. Es herrschen also ideale Bedingungen. Ein paar Mal quere ich die Fahrstrasse, welche zum Chalet du Suchet führt.

Nach dem 1. Drittel führt die Strecke über eine Weide. Dort merkt man, dass es in den letzten Tagen viel geregnet hat, denn es ist matschig und man muss zum Teil aufpassen, dass man nicht rutscht.

Ich überhole Läufer um Läufer, was mir das Gefühl gibt, schnell unterwegs zu sein. Jetzt bin ich wieder im Wald. Es geht immer steil über Stock und Stein. Bis jetzt war es angenehm. Plötzlich, wie aus dem Nichts, wird es viel kälter und ich befürchte, dass es zu regnen beginnt.

Ich überquere zum letzten Mal die Fahrstrasse. Jetzt kommen die steilsten Meter des Laufes: Eine Tafel zeigt an, dass noch 200 Höhenmeter bis zum Ziel zu bewältigen sind. Der Regen kommt zum Glück nicht, dafür bin ich in Nullkommanichts in dichtem Nebel und extrem starkem Wind ausgesetzt! Jetzt geht es „nur“ noch ganz steil und ganz direkt Richtung Triangulationspunkt auf dem Suchet, wo sich das Ziel befindet – wegen des Nebels muss ich mich immer wieder vergewissern, dass ich noch in die richtigen Richtung laufe.

Ich werde richtig euphorisch und lege noch einen Zahn zu. Wegen des starken und kalten Windes fühlen sich meine Beine an wie Steine – steif gefroren und unbeweglich. Trotzdem läuft es mir sehr gut und ich überhole kurz vor dem Ziel nochmals einen Läufer. Völlig ausgepowert, fast atemlos und jauchzend vor Übermut komme ich oben im Ziel an und bin extrem happy über diesen gelungenen Lauf! In diesem Moment weiss ich zwar meinen Rang noch nicht, aber die Freude ist so gross, wie schon lange nicht mehr an einem Lauf, dass es jetzt keine Rolle spielt! Da das Ziel auf dem höchsten Punkt des Mont Suchet und es hier so exponiert ist, hat man hier ein richtiges „Gipfelgefühl“. In Kombination mit der körperlichen Leistung bin ich noch eine ganze Weile in einem Rausch 🙂

Durch stockdichten Nebel marschiere ich zum Chalet du Suchet, welches sich ca. 200 Höhenmeter weiter unten befindet. Wie andere Läufer verirre ich mich ein paar Mal durch den Neben (man sieht wirklich fast nichts mehr…) bis ich das Chalet finde. Dort wartet mein Rucksack mit warmer Kleidung. Erst viel später löst sich der Nebel auf. Von hier aus hat man eine fantastische Aussicht: Man sieht die Alpen, den Neuenburgersee und den Lac Léman.

Da Einzelstart ist, wird die Rangliste erst nach Zieleinlauf des letzten Läufers im Internet aufgeschaltet. Ich gedulde mich bis dahin…

Am Nachmittag ist es soweit: Die Rangliste steht und mein gutes Gefühl am Lauf wird bestätigt! Ich habe also tatsächlich gewonnen!! Zweite wird Melanie Naulot und Dritte Lena Breitler.

Hier unten aus der Sicht vom Chalet du Suchet: Oben beim Triangulationspunkt ist das Ziel.
Chalet du Suchet
Die Windfahne spricht für sich….

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