Es «kübelt» während der Hinfahrt mit dem Zug nach Luzern. Nach dem Ulmizberg-Lauf, welcher mir als Wiedereinstieg in den Berglauf-Wettkampf gedient hat, ist das hier erst mein zweiter Lauf dieses Jahr. Die Vorfreude ist riesig, vor allem wenn ich die Bilder der letztjährigen Erstaustragung des Trailruns anschaue, wo die vielen Treppen und Wurzelwege zu sehen sind!
Zur Strecke: Der Start ist in Kriens (LU) und das Ziel auf der «Drachenalp» bei der Fräkmüntegg (NW), unterhalb des Pilatus. Es sind 8,5 km und 930 m Höhendifferenz zu bewältigen. Die Strecke führt zuerst über einen steilen, geteerten Weg, welcher etwas später in einen Naturweg übergeht. Die untere Hälfte des Laufs hat extrem steile Abschnitte; Treppen und Pfade wechseln sich ab. Ein grosser Teil der gesamten Höhendifferenz wird hier schon gemacht. Die obere Streckenhälfte ist technisch sehr anspruchsvoll und fordert eine hohe Konzentration: Man läuft vor allem auf einem wurzeligen Waldpfad über Stock und Stein, es ist glitschig und der vom Regen aufgeweichte Boden morastig. Hier steigt es im Schnitt zwar weiterhin, aber die Strecke ist geprägt von kurzen Abstiegen und coupierten Abschnitten.
Zur «Corona-Organisation»: Dieses Jahr ist wegen der Corona-Situation alles etwas anders als gewohnt. Die rund 300 Läuferinnen und Läufer starten nicht alle gleichzeitig, sondern aufgeteilt in 5 Blöcken mit einem Abstand von je 30 Minuten. Ich starte hier zum ersten Mal und schätze meine Laufzeit auf ca. 1 Stunde. Da ich die Strecke noch nicht kenne, bin ich vorsichtig und stufe mich im 2. Startblock (ab 60 min) ein. Beim Start ist Maskenpflicht und man steht mit Abstand zwischen den einzelnen Läuferinnen und Läufer hinter der Startlinie ein. Die individuelle Laufzeit wird erst ab Überqueren der Startlinie ausgelöst, also kann man auch weit hinten einstehen, ohne dadurch Zeit einzubüssen.
Zum Rennen: Heute starte ich nicht zu schnell, denn im Gegensatz zum letzten Lauf (Ulmizberg 3,7 km) ist dieser Trail um einiges länger. Glücklicherweise hat sich das Wetter nun etwas beruhigt und es regnet gerade nicht. Das Läuferfeld ist ziemlich auseinandergezogen. Ich laufe weit vorne und habe viel Platz. Nach den vielen steilen Treppen und Pfaden bin ich fast alleine unterwegs: Vor mir ist nur noch ein Läufer! Ich komme voll in Fahrt und es macht einfach Spass 😊!
Da die obere Hälfte der Strecke „nur“ noch kurze steile Stellen hat und vor allem (jedenfalls gefühlt) coupiert über Wurzelpfade führt, bin ich als Bergläuferin, welche das ganz steile Terrain bevorzugt, besonders gefordert – ich muss mich auf dem technisch sehr anspruchsvollen Weg sehr konzentrieren und dabei den flüssigen Laufrhythmus behalten! Ich merke aber gleich, dass mir das Terrain liegt, und es macht richtig Spass, über diese Wurzeln zu rennen! «Es rollt!», denke ich und versuche das Tempo möglichst bis ins Ziel durchzuziehen. Ich rechne aber immer damit, dass mich Läufer auf diesem Abschnitt überholen. Wie sich zeigt, bin ich aber sehr schnell und konstant unterwegs, denn ich werde nach den Abstiegen nur noch von einem Läufer überholt, den ich nicht aus den Augen lasse und welcher mich bis ins Ziel «zieht»!
Beim Zieleinlauf höre ich mit halbem Ohr irgendwas von «Siegerin», aber ich bin mit den Gedanken noch beim Lauf und mein Blick haftet an der Stoppuhr, die eine Laufzeit von unter einer Stunde anzeigt: 58:18! Was für eine tolle Laufzeit!! Ich hoffe in dem Moment, dass es mir aufs Podest gereicht hat!
Da kommt die sympathische Läuferin Selina Burch auf mich zu, welche im Block 1 gestartet und schon länger im Zeil ist. Sie gratuliert mir zum Sieg – Wasss?!? Ich habe gewonnen? – Hammer!!! 😊 – so meine Reaktion. Ich kann es fast nicht fassen! Die Freude über diesen Sieg ist riesig; es war einfach ein gelungenes Rennen! Und die Konkurrenz war gross: Mit mir sind insgesamt 4 Läuferinnen unter einer Stunde gelaufen! Tolle Besetzung! Ich habe Selina vom virtuellen Podest verdrängt, sie ist vierte Läuferin. Die junge Sportlerin hat nach mir die zweitschnellste Zeit auf der oberen Streckenhälfte und hat die 3.-platzierte Amanda Stäheli fast eingeholt. Es fehlten nur noch 2 Sekunden! Nach mir auf Rang 2 ist Marketa Maly.
An diesem Beispiel sieht man, dass auch in Zeiten von Corona ein Lauf-Event erfolgreich durchgeführt werden kann! Danke dem tollen Organisator des Rennens, dem Verein SwissCityMarathon Lucerne!